Weinviertel 3


DA STAUNT SOGAR DER FÜRST
- über das Liechtenstein-Schloss in Wilfersdorf

Einer der größten Weinproduzenten im Weinviertel ist kein Geringerer als der Fürst von Liechtenstein. Ihm gehören mehr als 40 Hektar Rebfläche in der Region. Seine Hofkellerei liegt ebenso wie das Stammschloss der Fürstenfamilie in der Gemeinde Wilfersdorf. Von dem einst prachtvollen Barockschloss ist zwar nur noch ein Flügel übriggeblieben – der Großteil wurde schon vor zweihundert Jahren wegen Baufälligkeit abgerissen – aber dafür beherbergt das Restschloss die umfangreichste Ausstellung, die es zur Geschichte des Hauses Liechtenstein gibt. Da staunt sogar (aber nicht nur) der Fürst.

Reportage (Radio hr4, 11.10.2014):

[Barock-Musik]

Der Fürst von Liechtenstein kann auf eine lange Ahnenreihe zurückblicken. Sie reicht bis ins Hochmittelalter. Der Wilfersdorfer Johann Huysza hat die Stammtafel der Familie in detektivischer Kleinarbeit erstellt. Rund 500 Namen stehen darauf, sie ist sozusagen die Krönung der Ausstellung.

[O-Ton Johann Huysza:]
"Das beginnt hier heroben. Das ist der erste historisch nachweisbare Namensträger, Hugo von Liechtenstein wird ab 1125 in Urkunden erwähnt, hauptsächlich in Zusammenhang mit der Burg Liechtenstein südlich von Wien."

In der Ausstellung gibt es natürlich ein Modell der Burg. Aber im Laufe der Jahrhunderte konnten die Liechtensteiner ihre Herrschaft deutlich erweitern. Sie wurden zu einer der reichsten und mächtigsten Adelsfamilien des Habsburgerreichs. Ihre Ländereien erstreckten sich auch auf Niederösterreich und Südmähren.

Johann Huysza vor Ahnentafel
Modell von Schloss Wilfersdorf
Herrscherkrone

[zum Anhören klicken: O-Ton Johann Huysza]

"Um ca. 1600 haben sich drei Brüder den Besitz aufgeteilt: Karl, Maximilian und Gundaker. Der erste, Karl, bekam damals Feldsberg, das heutige Valtice, Herrnbaumgarten hat er auch bekommen, da hat der Fürst jetzt seine Weingärten, und südmährischen Besitz hat er auch bekommen. Der Maximilian hat die Nordostecke von Niederösterreich bekommen, und Gundaker als jüngster bekam hier Wilfersdorf."

Dieser Gundaker ist sozusagen der Stammvater der heutigen Fürstenfamilie. Ein Nachkomme erwarb dann im 17. Jahrhundert die Herrschaften Schellenberg und Vaduz und gründete damit das Fürstentum Liechtenstein. 1806 wurde es mit Napoleons Hilfe ein souveräner Staat. Trotzdem kämpfte Fürst Johann I. aufseiten Österreichs in den Schlachten von Austerlitz und Wagram gegen Napoleon und führte anschließend die Friedensverhandlungen.

[O-Ton Johann Huysza:]
"Der Fürst von Liechtenstein hat sogar Napoleon angeboten seine Kunstsammlung, die fürstliche Sammlung, dass er sich ein bisschen gnädiger zeigt bei den Bedingungen, das wurde aber nicht angenommen."

Schlacht bei Austerlitz
Liechtensteiner Fürstenpaar
Ausstellung mit Stammtafel

Ein Gemälde der Schlacht bei Austerlitz ist in der Ausstellung zu bewundern. Ein Nachkomme des tragischen Helden, Hans Adam II., regiert heute das Fürstentum Liechtenstein. Sein Schloss Wilfersdorf im Weinviertel hat er für einen symbolischen Euro an die Gemeinde verpachtet. Ab und zu allerdings kommen er oder seine Söhne, um nach dem Rechten zu sehen.
Wie sind die so?

[O-Ton Johann Huysza:]
"Ganz normal, ganz locker, ja. Der Fürst und seine Söhne fahren selber mit dem Auto, ohne Chauffeur, sie sind ganz ohne Leibwächter unterwegs, ganz normales Verhältnis."

Staunend hat der Fürst auch auf die Erstellung seiner Ahnentafel reagiert. Und er gab sogar eine Kopie in Auftrag für sein Schloss in Vaduz.

[Barock-Musik]

 

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DAS VERLORENE ERBE
- die Liechtenstein-Schlösser in Tschechien

Wesentlich größer und prachtvoller als das (Rest-)Schloss Wilfersdorf sind die ehemaligen Liechtenstein-Schlösser Feldsberg (Valtice) und Eisgrub (Lednice). Beide liegen nur wenige Kilometer von Wilfersdorf entfernt, allerdings knapp hinter der tschechischen Grenze. Nach dem Ersten Weltkrieg verlor Österreich den Landstrich an die neugegründete Tschechoslowakei. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Liechtensteiner enteignet, ihre Schlösser fielen an den nunmehr kommunistischen Staat. Selbst die politische Wende von 1990 brachte keine Änderung mit sich. Alle Bemühungen des Hauses Liechtenstein, sein Erbe zurückzubekommen, schlugen fehl.
Zuletzt aufwändig restauriert, sind die Schlösser allerdings in das Unesco-Weltkulturerbe aufgenommen worden, und ein Abstecher ins benachbarte Tschechien ist im Schengen-Zeitalter kein Problem mehr, deshalb unbedingt zu empfehlen! Es gibt sogar einen Radweg, der die drei Liechtenstein-Schlösser in Niederösterreich und Südmähren miteinander verbindet. Hier ein paar optische Argumente aus Eisgrub/Lednice (rechts sowie unten Mitte) und Feldsberg/Valtice (unten links, unten rechts):

 

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Hier geht's weiter zum "Nonseum" und der Reportage Weinviertel 4.

Hier gibt's mehr Infos über das Fürstentum Liechtenstein in den Reportagen Liechtenstein 1 - 4.