Texas 3


STOLZ AUF DIE TRADITION
- deutsches Erbe in Fredericksburg

Ottfried Hans von Meusebach erbte von seinem Vorgänger eine leere Vereinskasse und 4.000 Neuankömmlinge. Deshalb nahm er einen Kredit auf und gründete 1846 westlich von Neu-Braunfels eine weitere Siedlung. Er nannte sie Friedrichsburg – nach Prinz Friedrich von Preußen, dem ranghöchsten Mitglied des Adelsvereins. Heute heißt die Stadt Fredericksburg. Doch trotz des englischen Namens ist die deutsche Vergangenheit hier sehr lebendig. Vor rund 20 Jahren haben die Stadtväter das kulturelle Erbe als Magnet für den Tourismus entdeckt und sie pflegen es wie nirgendwo sonst in Texas. Das wird bei einem Rundgang durch Fredericksburg nur allzu deutlich.

Titelfoto: Vereinskirche in Fredericksburg

Reportage (Radio SWR4 RP, 13.01.2003):

[Atmo: "Das Kufsteiner Lied"]

Volkstümliche Klänge dringen aus dem Biergarten bis hinaus auf die Straße. "Der Lindenbaum" ist nur eines von vielen Lokalen in Fredericksburg, die mit deutscher Küche und deutschem Gerstensaft werben. "German Gemütlichkeit" wird überall groß geschrieben, denn die Bürger sind stolz auf ihre Geschichte. Im Zentrum steht die achteckige Vereinskirche als steinernes Zeugnis des Mainzer Adelsvereins. In der Grünanlage um das Wahrzeichen herum beginnt Ronnie Pue ihre Führungen in deutscher Sprache.

(O-Ton Ronnie Pue:)
"Heute ist es natürlich ein sehr schöner Park in dem Sinn. Das ist unser Pionierpark, wo wir verschiedene Monumente aufgebaut haben. Natürlich auch wunderschöne Blumen und Pflanzen. Aber damals war das alles Wald, hauptsächlich Eichen oder 'juniper' und Zeder,  so 'ne Art Lorbeerwald."

Und sie versucht deutlich zu machen, welche Leistung die Pioniere vollbracht haben, um dieses Land der Natur abzuringen. Es gab keine Verkehrswege; die nächste Siedlung war viele Tagesreisen entfernt. Deshalb mussten die ersten Friedrichsburger mit den wenigen Werkzeugen und Geräten auskommen, die sie aus der Heimat mitgebracht hatten.

"Der Lindenbaum"
"Hauptstrasse"
"Der Alte Fritz"

[O-Ton Ronnie Pue:]
"Zum Beispiel 1853, also sieben oder acht Jahre, nachdem die Deutschen ankamen, hat ein Deutscher bei dem Namen von Hilmar Günther hier die erste Mühle gebaut. Und es war einfacher für ihn, seinen Eltern in Deutschland zu schreiben, um ihm einen Mühlstein zu schicken, als hier einen in Texas zu bekommen. So, dieser Mühlstein kam dann von Frankreich, wurde über den Ozean nach Texas gebracht und hier in der Mühle aufgebaut."

Der Bau der Mühle war allerdings auch ein Zeichen dafür, dass die Siedler ihre ersten reichen Ernten eingefahren hatten und dass es aufwärts ging mit Friedrichsburg. Der unermüdliche Einsatz unter großen Entbehrungen machte sich bereits nach wenigen Jahren bezahlt.

[O-Ton Ronnie Pue:]
"In einer relativ kurzen Zeit ging es dann wirklich von Armut und Hungersnot zu einem gewissen Reichtum. Deshalb haben wir auch die besonderen Gebäude, die Kalksteingebäude, die Sie da hinter uns sehen, die nach 1850 gebaut wurden, die dann auch von einem gewissen Reichtum sprechen – und was außergewöhnlich ist für den amerikanischen Westen. Im amerikanischen Westen die Städte sind alle ganz schnell über Nacht mit Holz gebaut worden und dann auch verlassen und dann ging man zu der nächsten Gegend, aber hier sind dann die Leute geblieben."

Denkmal für den Friedensvertrag
Trotz Friedensvertrag ermordet
Noch ein Opfer der Komantschen

Dass Friedrichsburg ungestört wachsen und gedeihen konnte, hatten die Siedler auch ihrem Stadtgründer zu verdanken. Denn Baron von Meusebach schloss 1847 ein Friedensabkommen mit den benachbarten Komantschen, angeblich der einzige Vertrag zwischen Rot und Weiß, der niemals gebrochen wurde. Eine Skulptur neben der Vereinskirche erinnert an den historischen Moment. Sie zeigt Meusebach und den Indianer-Häuptling Santa Anna beim Rauchen der Friedenspfeife.

[O-Ton Ronnie Pue:]
"Dieses Denkmal wurde 1997 erstellt, weil es das 150. Jahr des Vertrages war. Und jedes Jahr kommen die Komantschen noch, und wir haben dann zu unserm Gründungstag im Mai, haben wir dann draußen in unserm alten Fort Martin Scott die großen Powwows, also die Indianertänze."

Einigen Siedlern aber hat der Friedensvertrag offenbar nichts genützt. Davon kann man sich auf dem Friedhof von Fredericksburg überzeugen. Auf dem Grabstein eines gewissen Heinrich Arhelger beispielsweise ist zu lesen: "von Indianern ermordet". Und gleich nebenan liegt ein gewisser Heinrich Itz. Er wurde kurz nach der Ankuft in Texas von einer Gangster-Bande getötet – gerade mal 19 Jahre alt. Zum Glück leben die Nachfahren der ersten Siedler heute deutlich weniger gefährlich als die Pioniere.

 

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