South Carolina 1
CHARLESTON
- wandeln auf Rhett Butlers Spuren
Die "gute alte Zeit" des amerikanischen Südens, das war vor 1861. Der Anbau von Baumwolle und Reis hatte großen Wohlstand gebracht. Dann kam der Bürgerkrieg. Er verwüstete weite Teile des Landes und verwandelte den ehemals reichen Süden in das Armenhaus der Nation. Niemand hat das so anschaulich geschildert wie Margaret Mitchell in ihrem Roman "Vom Winde verweht". Das Buch wurde ebenso zum Welterfolg wie seine Verfilmung mit Vivien Leigh und Clark Gable. Nur eine der Hauptfiguren ging unversehrt aus dem ganzen Schlamassel hervor: Scarlett O'Haras ewige Hassliebe, der Kriegsgewinnler Rhett Butler. Und der kam aus Charleston, einer damals bedeutenden Hafenstadt in South Carolina. Ausgerechnet dort waren zwar die ersten Schüsse dieses Krieges gefallen, dennoch wurde die Stadt kaum zerstört. Rhett Butler kehrte am Ende aus Atlanta in seine Heimatstadt zurück, weil er die "heitere Anmut vergangener Jahre" vermisste. Und genau diese Anmut zeichnet Charleston bis heute aus. Sie ist nämlich keineswegs vom Winde verweht.
Reportage (Radio hr4, 18.02.2006; hr-iNFO, 08.04.2006):
[Musik: Titelmelodie aus "Vom Winde verweht"]
Es ist, als würde der alte Rhett Butler gleich um die Ecke biegen. Die vornehmen Villen aus dem 18. und 19. Jahrhundert, die schattigen Alleen und gepflasterten Gassen, die Gärten voller bunter Blumen und Sträucher. Wenn dann noch eine Pferdedroschke mit Touristen vorbeiklappert, ...
... ist die Illusion beinahe perfekt.
[O-Ton Tourist:]
"A little bit, because this city is so unique ...
Ein bisschen schon, weil diese Stadt so einzigartig ist mit ihren voluminösen Gebäuden und ihrer Freundlichkeit des Südens, ihrem südlichen Erscheinungsbild. Es ist eben ganz anders als dieser Trubel einer modernen Großstadt wie Boston, wo ich herkomme.
... like Boston where I come from."
Doch während das Filmepos "Vom Winde verweht" komplett im Studio in Hollywood abgedreht wurde, bildete Charleston tatsächlich die Kulisse für den Fortsetzungsfilm "Scarlett" nach dem Roman von Alexandra Ripley. Rhett Butlers Heimatstadt drängte sich förmlich dazu auf, denn der gesamte historische Kern wurde bereits 1931 unter Denkmalschutz gestellt – als erste amerikanische Stadt überhaupt. Weil nach dem Bürgerkrieg kein Geld mehr für Neubauten vorhanden war, präsentiert sich Charleston heute noch wie in der "guten alten Zeit". Schöner sogar mit dem Geld, das vor allem reiche New Yorker hier investiert haben.
[O-Ton Ruth Miller:]
"We have so many of the great houses ...
Wir haben so viele schöne Häuser aus der Zeit vor der Unabhängigkeit und dem Bürgerkrieg. Vor allem diese herrlichen Gebäude an der Uferpromenade, die alle restauriert und frisch gestrichen sind. Es sind moderne Villen, aber die alten Gebäude und sie zeugen von großem Wohlstand.
... the sense of gracious wealth."
Ruth Miller bietet geführte Touren auf Schusters Rappen an. Bei rechtzeitiger Anmeldung übrigens auch in deutscher Sprache. Die ehemalige Lehrerin kennt Charleston wie ihre Westentasche. Sie zeigt den Besuchern Villen, Gärten, Kirchen und Museen. Teilweise auch von innen. Die ebenfalls beliebten Droschken-Touren können das nicht leisten.
"The best thing to do ...
Das Beste ist ein Rundgang zu Fuß, denn dies ist die einzige Möglichkeit, auch durch die engen Gassen zu gehen und die Stadt aus dieser Perspektive zu sehen. Nur dort bekommt man das Ambiente und die Atmosphäre von Old Charleston mit.
... atmosphere of what is Old Charleston."
Das Ambiente und die Atmosphäre gehen nicht nur von der Architektur aus. Auch die Menschen vermitteln das unverfälschte Südstaaten-Flair von Charleston. Sie sind überaus freundlich und überaus elegant.
[O-Ton Ruth Miller:]
"You notice how many ladies ...
Es fällt auf, wie viele Damen Hüte tragen, man sieht sie kaum in Hosen, sie tragen immer noch Kleider oder Röcke. Selbst unsere Schönheitsköniginnen kommen meistens aus dem Süden, weil es hier eine Art Kultivierung der schönen Dinge gibt. Und Charleston ist das Zentrum.
... and Charleston is the center of that."
Nach dem gut zweistündigen Rundgang hat Ruth Miller alle Gäste für ihre Stadt eingenommen. Doch dazu bedurfte es nicht viel, denn eigentlich hat Charleston das ganz von alleine getan.
[O-Ton Touristin:]
"It's kind of unique in America to see a place with this extensive old preservation. So it's really unique, I think."
Es ist einmalig in Amerika, wie originalgetreu alles erhalten ist, meint diese Dame.
[O-Ton Tourist:]
"Just the general charm of the city. We've heard a lot about it. It's just wonderful. I will come back next year with my wife."
Und er findet den Charme dieser Stadt einfach wunderbar. Er will nächstes Jahr mit seiner Frau wiederkommen. Jedenfalls wundert sich jetzt keiner mehr, warum Rhett Butler die schöne Scarlett sitzen ließ und zurück nach Charleston ging.
[Musik: Titelmelodie aus "Vom Winde verweht"]
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