Schaumburg-Lippe 3


DIESSEITS DER STILLE
- das Geburtshaus Wilhelm Buschs in Wiedensahl

"So gut wie all meine Werke sind in der Stille von Wiedensahl entstanden." – Dies hat Wilhelm Busch einst über seinen Geburtsort im Schaumburger Land geschrieben. Zwar kam er für einen Menschen des 19. Jahrhunderts weit herum in der Welt, aber immer wieder kehrte er zurück in die ländliche Idylle seines Heimatdorfes. Sie war ihm Ruhepol und Inspiration zugleich. Hier fand er die Motive für seine Bilder, hier fand er auch die Charaktere für seine Geschichten. Eigentlich wollte Busch ja ein ernsthafter Maler und Schriftsteller werden, doch Ruhm und Reichtum erlangte er mit seinen gereimten Bildergeschichten, allen voran mit dem Kinderbuch "Max und Moritz". In dem ehemaligen Gehöft, wo er 1832 das Licht der Welt erblickte, ist heute ein Museum eingerichtet. Da erfährt man alles über den Wiedensahler Dichter und Zeichner, natürlich auch alles über seine beiden rotzfrechen Lausbuben.

Reportage (Radio hr4, 20.07.2013):

[zum Anhören klicken: komplette Reportage]

"Ach, was muss man of von bösen
Kindern hören oder lesen,
Wie zum Beispiel hier von diesen,
Welche Max und Moritz hießen."

Sie haben Wilhelm Busch weltberühmt gemacht. Die "Bubengeschichte in sieben Streichen" wurde in fast 300 (!) Sprachen und Dialekte übersetzt. In Buschs Geburtshaus sind Kostproben zu hören – zum Beispiel auf Persisch:

Sie machten W. Busch weltberühmt
Museumsleiterin G.-S. Frommhage
Ausblick von Buschs Zimmer

[Sprecher liest aus "Max und Moritz":]
"Dieses war der erste Streich,
Doch der zweite folgt sogleich."

Max und Moritz ebneten Wilhelm Busch den Weg. Danach hat er unzählige weitere Bildergeschichten geschrieben: "Die fromme Helene" etwa, "Fipps, der Affe" oder "Hans Huckebein, der Unglücksrabe". Es waren quasi die ersten Comics der Weltgeschichte. Nicht nur die Art zu zeichnen wurde zum Vorbild, erklärt Museumsleiterin Gudrun-Sophie Frommhage, auch die lautmalerische Sprache:

[O-Ton Gudrun-Sophie Frommhage:]
"Klirrbatsch, da liegt der Blumentopf, und rack, da haben wir den Zahn. Rummbumm. Klackeraplickping."

Manche seiner Zeichnungen kamen aber auch ganz ohne Worte aus. Häufiges Thema: Die Tücke des Objekts. Als Beispiel zeigt die Museumsleiterin auf die Bildergeschichte von dem jungen Mann, der sturzbetrunken nach Hause kommt und dann von einer Katastrophe in die nächste stolpert.

(O-Ton Gudrun-Sophie Frommhage:)
"Was er sich vorne aufgebaut hat, reißt er mit dem Hintern wieder um, so nach dem Motto, fällt er also über sein Kehrblech oder versucht sich hochzuziehen, reißt natürlich den Haken ab, und er fällt mit dem Hintern in die Kerze rein, die Kerze fällt um. Das ist eben dieses typische Papiertheater."

Tod und Verderben
Selbstbildnis von Wilhelm Busch
Witwe Bolte

[Sprecher liest aus "Max und Moritz":]
"Aber wehe, wehe, wehe, wenn ich auf das Ende sehe."

Da nämlich fällt der Betrunkene aus dem Bett und bricht sich das Genick. Tod und Verderben – ebenfalls typisch für Wilhelm Busch. Max und Moritz wurden zum Schluss in der Mühle zermahlen. Und anderen seiner Helden erging es nicht besser:

[O-Ton Gudrun-Sophie Frommhage:]
"Die fromme Helene, die hat zu viel Likör getrunken, die fällt um, verbrennt ja nachher. Fipps, der Affe, wird übrigens erschossen. Also, all die Protagonisten, denen geschieht was Übles, weil Wilhelm Busch ja wusste, dass die Leute es angenehm finden, wenn es anderen schlechter geht. Er hatte schon damals das Gespür, dass die Leute Lust hatten an Schadenfreude. Und er hat ja die menschlichen Schwächen auf den Punkt gebracht durch seine Bildergeschichten."

Es ging ihm also nicht um die Moral von der Geschicht'. Statt erziehen wollte Busch karikieren: Selbstgerechtigkeit, Spießbürgertum, Scheinheiligkeit. Auf die Witwe Boltes und Lehrer Lämpels dieser Welt hatte er es abgesehen. Und weil die wohl nie aussterben werden, sind seine Bildergeschichten heute so aktuell wie eh und je.

 

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