Ruanda 2
ARTENREICH
- die Flora und Fauna im Nyungwe-Nebelwald
Neben dem Park der Vulkane in Nordwesten des Landes hat Ruanda noch zwei weitere Nationalparks zu bieten. Da ist zum einen der Akagera im Nordosten, am gleichnamigen Quellfluss des Nils gelegen. Dort gibt es natürlich Nilpferde, dazu typische Savannentiere wie Giraffen, Zebras und Antilopen; sogar Löwen wurden schon gesichtet. Insgesamt aber steht der relativ kleine Akagera N.P. etwas im Schatten der großen Tierreservate in den Nachbarländern wie etwa der Serengeti in Tansania. Ruandas dritter Nationalpark, der Nyungwe im Südwesten, ist zwar nicht größer als der Akagera, aber dafür als Bergnebelwald wegen seines Artenreichtums im östlichen Afrika einmalig. Im Nyungwe N.P. leben allein 75 Säugetierarten, 275 Vogelarten und mehr als 1.500 Pflanzenarten, darunter an die 200 verschiedene Orchideen. Viele davon findet man nirgendwo sonst auf der Welt.
Reportage (Radio hr4, 12.06.2010):
Eberhard Fischer ist der "Herr der Orchideen" im Nyungwe-Nationalpark, ein – im positivsten Sinne – verrückter Professor aus Koblenz. Der Biologe begleitet unsere Reisegruppe bei einer Wanderung durch den Nebelwald. Auf dem schmalen Pfad zum Wasserfall Kamiranzovu bleibt er immer wieder stehen und deutet auf ein zartes Pflänzchen, das wir ohne ihn glatt übersehen hätten.
[Ton Eberhard Fischer:]
"Wir haben hier rangeris muscicula, eine von Nachtfaltern bestäubte Orchidee, die typisch als Epiphyt hier in Ostafrika weit verbreitet ist. Man sieht also hier die Blüten mit dem langen Sporn, und nachts gehen die Nachtfalter dort hin und trinken mit Hilfe ihres Rüssels aus dem Sporn den Nektar, der sich am Ende des Sporns befindet."
Seit einem Vierteljahrhundert durchstreift Professor Fischer den Bergnebelwald auf der Suche nach immer neuen Arten. Allein zwölf Orchideen-Weltneuheiten hat er bereits entdeckt. Für ein solches Exemplar bringt er nun eigens ein Hinweisschild an.
"Hier auf diesem Baum ist das einzige Vorkommen einer Orchidee, 'liparis harketii', die wir 2007 entdeckt und beschrieben haben und die bisher eben außerhalb des Nyungwe und außerhalb dieses Baumes noch nicht gefunden wurde. Deshalb also das Schild, um hier zu dokumentieren, dass hier eine Besonderheit wächst."
Was der Botanik-Freak dezent verschweigt – das Blümelein wurde auch nach seinen Entdeckern benannt: Liparis harketii heißt nämlich mit vollem Namen liparis harketii Killmann & E. Fischer. Ehre, wem Ehre gebührt!
Die Begeisterung des Professors ist aber nicht auf Orchideen beschränkt, der gesamte Pflanzenreichtum des Nyungwe hat es ihm angetan.
[O-Ton Eberhard Fischer:]
"Hier, ich hab' jetzt mal überschlagen, sind etwa fünf verschiedene Farnarten und sicherlich so fünfzehn bis zwanzig verschiedene Moose drauf, auf diesem Ast nur, der gerade mal nur so drei, vier Meter lang ist. Das ist 'ne ungeheure Vielfalt."
Und bei einer so üppigen Flora will die Fauna natürlich nicht zurückstehen. Auch davon weiß Fischer Erstaunliches zu berichten.
[O-Ton Eberhard Fischer:]
"Der Nyungwe-Wald ist afrikaweit berühmt für die Anzahl von Primatenarten – dreizehn Primatenarten, das ist Afrikarekord. Darunter die Schimpansen, die Colobus-Affen, auch kleinere Primatenarten, wie irgendwelche Buschbabys beispielsweise."
Da fehlen eigentlich nur noch die Gorillas. Trotzdem braucht man offenbar ein geschultes Auge, um die Affen zu erblicken.
[O-Ton Eberhard Fischer:]
"Die sind natürlich hier überall, aber durch das dichte Blätterwerk ist es hier fast unmöglich, vom Boden her die Affen zu beobachten. Es gibt aber andere Stellen, an denen man eben hier die Baumkronenregion am Hang beispielsweise durchaus sichtbar hat. Und es gibt ja auch vom Nationalpark geführte Touren, zumindest zu den Schimpansen, den Colobus-Affen, die hier übrigens die größten Populationen in Afrika haben. Also, hier zum Wasserfall zu laufen ist eher eine szenische Tour, um die Naturschönheiten zu sehen, aber Affen wird man hier kaum bemerken."
Wenigstens den Wasserfall kriegen wir noch zu Gesicht, bevor wir wegen der einbrechenden Dunkelheit umkehren müssen. Erst tags darauf entdecken wir vom Bus aus am Straßenrand ein paar Äffchen. Da aber ist der Professor wahrscheinlich längst wieder auf der Pirsch nach neuen Orchideen.
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