Peloponnes 3
DER SCHATZ DES AGAMEMNON
- auf Schliemanns Spuren in Mykene
Wer kennt sie nicht, die Tragödie von Agamemnon, dem Anführer der Griechen im Kampf um Troja? Als er nach zehn Jahren siegreich ins heimatliche Mykene zurückkehrte, wurde er von seiner Frau Klytämnestra und deren Liebhaber Ägisthos im Bade erdolcht. Seine Tochter Elektra und sein Sohn Orestes rächten den Vater, indem sie ihrerseits die Mutter und deren Geliebten töteten. Alles nur Legende aus grauer Vorzeit? Oder hat es Agamemnon und seine Sippe, die Atriden, wirklich gegeben? Heinrich Schliemann, der Amateur-Archäologe aus Mecklenburg, glaubte fest daran. Durch die sensationelle Entdeckung von Troja gestärkt, wandte er sich 1869 nach Mykene im Nordosten des Peloponnes, um seine Theorie zu beweisen. Dort, in der Provinz Argolis, feierte er seinen zweiten großen Triumph und hob einen Goldschatz, den er dem sagenumwobenen König Agamemnon zuschrieb. Die moderne Wissenschaft hat inzwischen andere Erkenntnisse, doch wer heute die Ausgrabungsstätten von Mykene besucht, stößt immer wieder auf Schliemanns Spuren und erfährt, welche Wertschätzung der deutsche Pionier dort immer noch genießt.
Reportage (Radio hr4, 28.07.2007; hr-iNFO, 11.08.2007; rbb-INFOradio, 14.06.2008):
[O-Ton Eleni Paleologou:]
"He went to Troy, he came here ...
Er war in Troja, er kam hierher, sah das Löwentor und war glücklich. Er sagte, ich bin sicher, dies ist Homers Mykene. Es ist nicht nur ein Mythos, eine Legende, und ich werde innerhalb der Mauern mit Ausgrabungen beginnen.
... excavate inside the walls."
Eleni Paleologou ist Archäologin und leitet das Museum unterhalb der Akropolis von Mykene. Sie ist sozusagen die legitime Nachfolgerin von Heinrich Schliemann. Ihr berühmter Vorgänger aus Deutschland wurde damals belächelt für seine Pläne und für seine Überzeugungen, aber er ließ sich nicht beirren.
[O-Ton Eleni Paleologou:]
"He said I'm going to excavate ...
Er sagte, ich werde das Grab von Agamemnon finden. Dafür gab es keine reale Basis. Viele, die sich mit der Antike auskannten, sagten ihm, er werde innerhalb der Mauern keine Gräber finden. Die alten Griechen bestatteten ihre Toten außerhalb. Hier drin sei es unmöglich.
... impossible to find some here."
Doch Schliemann strafte sie alle Lügen. Nach nur wenigen Wochen der Buddelei entdeckte er einen ganzen Zyklus von Grabmälern. Eines davon konnte nur für einen König errichtet worden sein. Es enthielt besonders reiche Beigaben aus Gold: Schwerter, Gefäße, Schmuckstücke und eine Totenmaske mit dem Abbild des Agamemnon – das zumindest glaubte Heinrich Schliemann. Für ihn der Beweis: Homer hatte doch Recht! Inzwischen weiß man, dass der Goldschatz von Mykene aus einer noch früheren Epoche stammt. Die Maske könnte allenfalls den Großvater von Agamemnon darstellen. Für Eleni Paleologou bleibt Schliemann dennoch ein großes Vorbild.
[O-Ton Eleni Paleologou:]
"For me and for all archeologists ...
Ich und alle anderen Archäologen bewundern seine Liebe und den Enthusiasmus für seine Aufgabe und für die Menschen. Es ging ihm nicht nur darum, die Maske zu finden oder irgendwelche Vasen. Er wollte die Menschen jener Zeit verstehen. Alle Ausgrabungen, die Sie hier sehen, waren enorm wichtig. Das ist die wahre Archäologie von einem Mann, der selber kein Archäologe war.
... a man who was not archeologist."
Und er hat den Anstoß gegeben für weitere Grabungen. Heute ist das Mykene aus vorgeschichtlicher Zeit zu einem großen Teil freigelegt. Schwärme von Besuchern schreiten wie einst Schliemann durch das Löwentor und besichtigen die Reste der Akropolis. Ob der legendäre Agamemnon hier je gelebt und geherrscht hat, ist immer noch nicht nachgewiesen. Aber Schliemanns geistige Erben, sie forschen weiter.
[O-Ton Eleni Paleologou:]
"We can have more answers ...
Wir suchen nach weiteren Antworten. Die Akropolis von Mykene ist noch nicht komplett ausgegraben. Es hat vor mehr als 100 Jahren begonnen, und es wird noch mindestens weitere 100 Jahre dauern.
... take more than one hundred more."
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