Peloponnes 4


DIE FROMMEN HELLENEN
- mit der Zahnradbahn zum Höhlenkloster

Schon die alten Hellenen waren fromme Leute und verehrten ihre antiken Götter. Aber auch nach Einführung des Christentums durch den byzantinischen Kaiser Theodosius übernahmen sie bald den neuen Glauben mit ebensolcher Frömmigkeit. Selbst in kleinsten peloponnesischen Dörfern findet man heute prachtvolle griechisch-orthodoxe Kirchen im byzantinischen Stil; die Religion ist tief verwurzelt im Leben der Bewohner. Auch in zahlreichen Klöstern beten noch immer Mönche zu Gott und der Heiligen Jungfrau. Eines der ältesten und bekanntesten ist das Kloster Mega Spileo in der nördlichen Provinz Achäa. Es wurde um 840 in eine Höhle hineingebaut, hoch oben in den Bergen. Dort suchten die Mönche Abgeschiedenheit und Schutz. Seit mehr als 100 Jahren führt eine Zahnradbahn vom Küstenort Diakofto hinauf ins Gebirge bis nach Kalavrita. Viele Fahrgäste benutzen sie, um auf halbem Wege die Attraktion Mega Spileo zu besuchen, dabei hat sich das Bähnchen längst selbst zu einer Attraktion entwickelt.

Reportage (Radio hr4, 28.07.2007; hr-iNFO, 11.08.2007; rbb-INFOradio, 14.06.2008):

[zum Anhören klicken: komplette Reportage]

[Atmo: Pfeifen der Lokomotive]

Bitte einsteigen und die Türen schließen! Ganz langsam setzt sich der Triebwagen in Bewegung. 22 Kilometer liegen vor uns, 22 der schönsten Kilometer, die der Peloponnes zu bieten hat. Von Meereshöhe schraubt sich die Bahn bis auf rund 700 Meter hinauf, durch eine wilde, spektakuläre Szenerie.

[O-Ton Tourist:]
"Es ist schon ziemlich beeindruckend, hier durch die Schlucht zu fahren, rechts unten sieht man den Bach und die Wasserfälle und so. Das ist schon 'ne ganz tolle Sache, ganz tolle Landschaft, ganz tolle Atmosphäre hier."

Auf insgesamt drei Kilometern ist die Strecke so steil, dass die Bahn den Zahnradantrieb zu Hilfe nehmen muss. Sie passiert 70 Tunnel und mindestens ebenso viele Brücken. Eine großartige Ingenieursleistung zu einer Zeit, als an Tourismus noch niemand dachte. So sieht das auch der Bürgermeisters von Diakofto. Sein Mitarbeiter Sotiris Lazos übersetzt:

Spektakuläre Aussicht
70 Tunnel auf der Strecke
Kloster Mega Spileo

[O-Ton Sotiris Lazos:]
"Dieses Zugchen wurde gebaut, um die Bedürfnisse der Bergleute zu bedienen. Es wurde vor 115 Jahren gebaut, der ganze Bau hat um die zehn Jahre gedauert. Für diese Jahre war ein sehr, sehr großes Werk, die Tunnel zu machen und alles, aber es hat auch die Leute geholfen, und somit konnten sie alle Transporte machen, zu den Bergen."

Das "Zugchen", wie er es nennt, stoppt auf seinem Weg ins Bergdorf Kalavrita nur einmal unterhalb des Höhlenklosters Mega Spileo. Natürlich lassen wir uns die Chance nicht entgehen, den orthodoxen Mönchen einen Besuch abzustatten. Von außen ist das Kloster eher unscheinbar. Mehrfach wurde es in seiner Jahrhunderte alten Geschichte zerstört. Die moderne Fassade lässt kaum erkennen, was sich dahinter, in der tiefen Felshöhle, verbirgt: eine prunkvoll, mit reichlich Gold, ausgestattete Kirche – und darin die Schwarze Madonna. Auf sie sind die Klosterbrüder besonders stolz.

[O-Ton Sotiris Lazos:]
"Das ist die älteste Ikone der Orthodoxie, 40 after Christus. Die ist gebaut worden aus Bienenwachs und Masticha. Der Evangelist Lukas, derjenige, der das Bild gemalt hat - wenn er das Bild gemacht, hat er der Madonna nie in die Augen geguckt, aus Respekt."

Schwarze Madonna
Gedenkstätte in Kalavrita
Bürgermeister von Diakofto (Mitte)

Tatsächlich entstand die Ikone viel später, aber das ist den frommen Hellenen egal, denn sie gilt als wundertätig – hat sie doch alle Brände des Klosters schadlos überstanden. Den letzten im Zweiten Weltkrieg, als deutsche Soldaten Mega Spileo beschossen und viele Bewohner ermordeten. Mit diesem düsteren Kapitel in der deutsch-griechischen Geschichte werden wir auch nach unserer Weiterfahrt mit der Zahnradbahn in Kalavrita konfrontiert. Dort töteten Deutsche mehr als tausend Männer und sogar Kinder. Eine Gedenkstätte und ein Museum erinnern an das Massaker. Aber inzwischen, sagt der Bürgermeister des Bergdorfs, stehen die Zeichen auf Versöhnung. Dafür hat auch Ex-Bundespräsident Rau bei einem Besuch gesorgt.

[O-Ton Bürgermeister von Kalavrita:]
"Der Johannes Rau hat 2000 gesagt, ich bin hier gekommen, damit das deutsche Volk erfährt, was für ein Mord um diese Zeit gemacht wurde, und damit ich sage, wie schlecht ich mich fühle, für alles, was die Deutschen damals erstellt haben."

Und so reicht uns der Bürgermeister von Kalavrita zum Abschied freundschaftlich die Hand, ehe wir mit seinem Kollegen aus Diakofto zurück zum Bahnhof gehen. Denn das "Zugchen" zurück ins Tal, es wartet schon.

[Atmo: Pfeifen der Lokomotive]

 

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