Malaysia 4

MINARETT UND RÄUCHERSTÄBCHEN
- George Town: das Unesco-Welterbe von Penang

Wenn Malaysia als Ganzes ein Schmelztiegel der Kulturen ist, so gilt das in besonderem Maße für George Town auf der Insel Penang. Der englische Name deutet schon auf den kolonialen Ursprung der Stadt hin. Sie wurde im 18. Jahrhundert von Briten gegründet, um die Vorherrschaft über die Straße von Malakka zu gewinnen. Dieser Seeweg zwischen Sumatra und der malaiischen Halbinsel war strategisch wichtig für den Ostindien-Handel. Im Sog der Briten strömten vor allem Malaien, Chinesen und Inder in die aufstrebende Hafenstadt und bilden bis heute ein kunterbuntes Kulturgemisch auf engstem Raum. 2008 wurde die ethnische Vielfalt von George Town als Unesco-Welterbe geadelt. Und nirgendwo wird sie deutlicher als in der "Jalan Masjid Kapitan Keling", einer Straße im Zentrum, in der alle großen Weltreligionen vertreten sind – Minarett und Räucherstäbchen quasi Tür an Tür in friedlicher Eintracht. Diese Straße ist auch Startpunkt unseres Rundgangs.

Reportage (Radio hr4, 01.02.2014):

[zum Anhören klicken: komplette Reportage]

[Atmo: Buddha-Tempel]

Chinesische Klänge, ein Duft nach Räucherstäbchen. Wir stehen vor dem Tempel der Göttin der Barmherzigkeit. Ich bin unterwegs mit Ooi Hong Leong. Seine Familie stammt aus China. Er selbst wurde in Penang geboren, hat in München studiert und ist im Vorstand der Malaysisch-deutschen Gesellschaft. Mit dem buddhistischen Tempel verbinden ihn viele Erinnerungen.

[O-Ton Ooi Hong Leong:]
"In meiner Kindheit haben meine Eltern mich oft hierher gebracht. Das war gewissermaßen eine Qual für uns, denn Sie sehen, es gibt sehr viel Rauch und die Augen werden wässrig. Meine Mutter war eine Anhängerin der Göttin der Barmherzigkeit, und immer vor Prüfungen und anderen wichtigen Anlässen haben die uns hierher gebracht, damit wir um Erfolg und Sicherheit beten konnten." – "Hat's geholfen?" – "Doch (lacht)."

Tempel der Göttin der Barmherzigkeit
Deutsch-Malaysier Ooi Hong Leong
Kapitan-Keling-Moschee

[Atmo: Moschee]

Nur ein paar Meter die Straße runter klingt es ganz anders. In der Kapitan-Keling-Moschee haben sich Muslime zum Gebet versammelt. Vom Minarett ruft mehrmals täglich der Muezzin. Außerhalb der Gebetszeiten kann das islamische Gotteshaus besichtigt werden.

[O-Ton Ooi Hong Leong:]
"Diese Moschee war ja die Hauptmoschee im Penang-Staat, bevor die Staatsmoschee in Green Lane gebaut wurde, und ist architektonisch auch sehr schön, und die Nähe zum chinesischen Tempel und christlichen Kirche als auch ein indischer Tempel zeugt von der Moderation in Religion, die immer noch in Penang lebt."

Der Hindu-Tempel, den Herr Ooi angesprochen hat, ist wiederum nur einen Steinwurf entfernt. Die vielen Figuren, mit denen der Tempel geschmückt ist, stellen indische Gottheiten dar.

[O-Ton Ooi Hong Leong:]

"Ich sehe ganz oben den Elefantengott Ganesh, und diese Frau, die auf dem Pfau sitzt, vielleicht ist das Frau von Shiva. Ich bin mir nicht ganz sicher, denn ich bin kein Hindu."

Hinduistischer Mariyamman-Tempel
Indisches Viertel
Anglikanische St. George's Church

[Atmo: indische Musik]

Besser kennt er sich im angrenzenden indischen Viertel aus. Hier ist es lauter, hier ist es bunter, hier kann man vor allen Dingen lecker essen gehen – auch als malaysischer Chinese.

[O-Ton Ooi Hong Leong:]
"Wir essen gerne Indisches. Die Currys und das Knabberzeug, die sind bei allen beliebt."

Aber George Town wäre nicht George Town ohne sein europäisches Erbe. Herr Ooi zeigt mir die anglikanische Sankt-Georgs-Kirche, das alte britische Fort Cornwallis und quasi als Höhepunkt das Eastern & Oriental Hotel. Es gilt als erstes Haus am Platz. Schon zu Queen Victorias Zeiten stiegen hier die Reichen und Berühmten ab:

[O-Ton Ooi Hong Leong:]
"Das E & O Hotel ist ein Symbol der alten Kolonialzeit. Das Hotel wurde von zwei Armeniern, den Gebrüdern Sarkis, gegründet und wurde sehr schnell zu einem berühmten Hotel, und in der Zeit der alten Schifffahrt war dieses Hotel ein Muss für jeden, der etwas von sich hielt."

Eine Fotosammlung im Foyer zeigt: Auch Karl May und Hermann Hesse waren schon zu Gast. Eines Tages vielleicht werde ich ihrem Beispiel folgen – eines Tages, wenn ich mal reich und berühmt bin.

 

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Hier geht's weiter zum "Home Stay" in Malakka und zur Reportage Malaysia 5.