Wild Wild West 1
EIN HAUCH VON PONDEROSA
- Cowboys auf der Whitewood Creek Ranch
Welcher kleine Junge träumt nicht davon, einmal auf einer echten Cowboy-Ranch zu sein, wilde Mustangs einzureiten, das Lasso zu schwingen und abends gemütlich ins Lagerfeuer zu starren? Westernfilme und -serien wie "Bonanza" tragen erhebliche Mitschuld an diesen Träumereien. Zum Glück gibt es die so genannten "working ranches". Dort können Touristen für die Dauer ihres Urlaubs in die Rolle von Cowboys schlüpfen. Das heißt, nicht nur zuschauen, was die Profis treiben, sondern selber tatkräftig mit anpacken. So zum Beispiel auf der Whitewood Creek Ranch im Nordwesten von South Dakota. Hier, zu Füßen der Black Hills, werden Kindheitsträume wahr. Aber es wird auch klar, dass die Realität mit den Träumen nicht immer Schritt hält.
Reportage (Radio hr3, 03.09.2000):
[Musik: Titelmelodie aus "Bonanza"]
Ein Hauch von Ponderosa liegt über der Whitewood Creek Ranch. Hier gibt es Cowboys, Pferde und natürlich jede Menge Rinder. Doch weil die Fleischpreise im Keller sind, hat sich Rancher Eric Johnson entschlossen, auch Gäste aufzunehmen. Stadtmenschen, der Natur entfremdet, aber voller Sehnsucht nach dem Landleben. Und die kann Eric voll befriedigen.
[O-Ton Eric Johnson:]
"The main thing is being close to the animals ...
Hauptsache ist die Nähe zu den Tieren. Wir haben keinen festgelegten Tagesplan für unsere Gäste – wie meinetwegen 7 Uhr aufstehen und dann Reiten bis um 10. Aber wenn wir zum Beispiel ein Tier haben, das verarztet werden muss, wie hier bei dem Fohlen mit dem verletzten Fuß, das wir waschen müssen, um ihm eine Spritze zu setzen, dann können unsere Gäste nicht nur zuschauen, sondern auch mithelfen. Weil wir höchstens 20 Gäste aufnehmen, ist es kein Problem, immer mit einbezogen zu werden.
... for them to being involved."
[Musik: Titelmelodie aus "Bonanza"]
Ihre Gäste sollen als Fremde kommen und als Freunde gehen, haben sich die Johnsons vorgenommen. Deshalb widmen sie uns so viel Zeit wie möglich.
[Atmo: Pferdekutsche]
Ob bei einer gemeinsamen Kutschpartie oder bei einem gemeinsamen Ausritt über die weitläufigen Ländereien – auch ihre Pferde geben sich gastfreundlich. Da kann sich sogar ein Greenhorn wie ich mühelos (naja, fast mühelos) im Sattel halten. Das so genannte "branding" aber überlasse ich den Profis. Junge Kälber werden mit dem Lasso eingefangen und erhalten ein Brandmal zur besseren Identifizierung. Für die Cowboys eine Riesen-Gaudi, für die Rindviecher dagegen weniger spaßig.
[Atmo: brüllende Rinder]
Doch so schmerzhaft, wie ihr Brüllen vermuten lässt, sei das "branding" nun auch wieder nicht, heißt es.
[O-Ton Cathy:]
"It hurts them for a little bit ...
Es tut ihnen ein bisschen weh, gibt Rancherfrau Cathy zwar zu, aber nicht mehr als eine Impfung bei einem Kind, wenn Sie ihm eine Spritze geben, damit es nicht krank wird. Das tut dem Baby auch weh, aber die Konsequenzen wären viel schlimmer, wenn Sie nicht vorbeugen. Also, es tut den Kälbern schon ein bisschen weh, aber schon nach einer Stunde rennen sie wieder herum und spielen, als wäre nichts passiert.
... running and playing just like they do fine."
Trotzdem nichts für Zartbesaitete. Das Leben der Cowboys ist manchmal ein raues Geschäft. Sie sind bei Wind und Wetter draußen, sitzen stundenlang im Sattel und kontrollieren die endlos langen Zäune der unendlich großen Weiden. Mit der Lagerfeuer-Romantik aus Wildwest-Filmen hat das nicht allzu viel zu tun. Trotzdem kann sich Scott Crowser, Cowboy auf der Whitewood Creek Ranch, kein besseres Leben vorstellen.
[O-Ton Scott Crowser:]
"It is hard work ...
Es ist harte Arbeit, aber ich finde, es ist die beste Art, unsere Kinder großzuziehen und ihnen einen guten Lebensstil zu zeigen. – Und auf die Frage, ob er mit einem aus der Großstadt tauschen würde: Das könnte ich nie akzeptieren. Dieses Leben hier ist für mich gemacht.
... what it was meant for me."
[Atmo: Country Music]
Zumal die Cowboys auch zu feiern verstehen. Fast jeden Samstagabend treffen sich die Rancher reihum bei einem der Nachbarn in der Scheune zur sogenannten "barn party". Da wird gegrillt, es fließt reichlich Bier, es wird gesungen und getanzt. Manchmal auch gerauft. Nur die Schießeisen bleiben zu Hause. Ganz so wie auf der Ponderosa ist es auf der Whitewood Creek Ranch eben doch nicht. Aber ziemlich dicht dran.
[Musik: Titelmelodie aus "Bonanza"]
__________________________________________________
Hinweis:
Wie ich erfahren habe, ist Rancher Eric Johnson bei einem Unfall ums Leben gekommen. Daher nimmt die Whitewood Creek Ranch keine Gäste mehr auf.
Das Fremdenverkehrsamt von South Dakota empfiehlt nun die "Crow Creek Guest Ranch" in Belle Fourche: http://www.crowcreekguestranch.com
__________________________________________________