Vulkaneifel 4
EIFEL-MÖRDER
- zu Gast im Hillesheimer Krimi-Hotel
Eifel-Krimis sind seit Jahren der Renner bei den Fans des regionalen Detektiv-Romans. Der Mitbegründer dieses Genres und Wahl-Vulkaneifelaner Jacques Berndorf ist der auflagenstärkste deutsche Krimi-Autor. Mord und Totschlag im Taschenbuchformat haben die Eifel weit über ihre geografischen Grenzen hinaus bekannt gemacht. Und immer mehr Leser der Eifeler Kriminalgeschichten wollen diese scheinbar so schaurig-schöne Gegend selber kennen lernen. Seit September 2010 gibt es endlich auch die passende Unterkunft: Deutschlands erstes Krimi-Hotel in Hillesheim. Hier wird alles geboten, was das Herz des Krimi-Fans höher schlagen lässt – schlafen, speisen, Spiel und Spannung in mordsmäßigem Ambiente; dazu echte Kriminalschriftsteller, nicht gerade zum Anfassen, aber zum Anschauen und Anhören.
Reportage (Radio hr4, 25.06.2011):
"'Mein ist die Rache', sprach der Herr im grauen Anzug. Hauptkommissar Stahnke schüttelte milde das massige, blondstoppelige Haupt und bemühte sich um eine pastorale Modulation seiner Stimme ..."
Peter Gerdes liest seinen Kurz-Krimi "Blondes Gift" über den heimtückischen Tod aus der Kaffeebohne. Das Publikum im prall gefüllten Restaurant des Krimihotels lauscht gebannt. Zwischen Vorspeise und Hauptspeise wird die erste Leiche serviert, eine weitere Leiche gibt's zum Dessert. Solche "Krimidinner-Lesungen" gehören zum festen Repertoire in Hillesheim.
Eine andere feste Einrichtung sind die Krimi-Wochenenden, bei denen die Hotelgäste von Schauspielern inszenierte Mordfälle lösen.
[O-Ton Christoph Böhnke:]
"Beim letzten Mal zum Beispiel hat unten in der Gästetoilette eine Leiche mit einem Messer in der Brust gelegen, und dann wird das restliche Wochenende damit verbracht Indizien zu sammeln, Verdächtige zu befragen, Zimmer zu durchsuchen, um dann am Sonntagvormittag den Mörder zu überführen."
Hoteldirektor Christoph Böhnke ist selbst ein großer Krimifan. Alle Zimmer des Krimihotels hat er bekannten Krimiautoren oder Krimihelden gewidmet von Sherlock Holmes über James Bond bis hin zu Derrick. Und alle Zimmer sind entsprechend dekoriert.
[O-Ton Christoph Böhnke:]
"Hier befinden wir uns im Alfred-Hitchcock-Zimmer. Das Alfred-Hitchcock-Zimmer ist mit den größten seiner Filmerfolge geschmückt. Wir sind sehr stolz darauf, dass wir an der einen Wand eine Original-Gipsmaske von seinem Gesicht haben.
Und wenn wir hier auf den verbotenen Knopf drücken, werden wir mit ganz bekannten Tönen aus Psycho überrascht."
[Musik: Thema aus den Miss-Marple-Filmen]
Das bei den Gästen beliebteste Themenzimmer ist ein deutlich weniger gruseliges, nämlich das Miss-Marple-Zimmer – ausgestattet unter anderem mit ihrem Hut, ihrem Schirm und ihrem Golfschläger aus 16 Uhr 50 ab Paddington:
[O-Ton Christoph Böhnke:]
"Warum ist es das beliebteste? Ich denke, es liegt daran, dass Miss Marple eine Person ist, die jeder kennt und die jeder gerne als schrullige Oma auch in seiner Familie hätte, als richtige Oma. Die kann ihre Nase nirgendwo raushalten und die hat so einen trockenen Humor, und das ist natürlich auch so dieser englische Stil, der so eine gewisse Anheimeligkeit bringt. Das Zimmer hat eben so einen gewissen Anreiz, als ob sie mal eben gerade raus ist, um einen Fall aufzuklären, und in dem Moment kommt der Gast hier rein und darf das Wochenende hier wohnen."
Wem diese Mörder-Umgebung im Hotel noch nicht genügt, kann gleich nebenan im Deutschen Krimi-Archiv stundenlang schmökern. Mehr als 25.000 Werke stehen zur Auswahl. Und es kommen ständig neue hinzu, denn die Krimi-Autoren wie Peter Gerdes sind ja nicht faul:
[Atmo: Lesung Peter Gerdes:]
"'Mein ist die Rache', murmelte er vor sich hin. Dann schüttelte er den Kopf: 'Ach was, Unfug!' Entschlossen nahm er einen kräftigen Schluck und stellte den Becher zurück auf den Schreibtisch. Oder schmeckte der Kaffee etwa doch etwas muffig? 'Quatsch', sagte Stahnke, 'nie im Leben.' – Danke für die Aufmerksamkeit."
[Applaus]
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DIE FAVORITEN DER KRIMINALWELT
- Auszug aus der kreativen Speisekarte im Krimi-Hotel
Vorspeise:
"Kommissar Maigret: Der Fall am See"
Geräucherte Forelle mit Lachs, dazu Sahne-Meerrettich und Schwarzbrot
Salate:
"Der Mörder ist immer der Gärtner"
Bunt gemischter Salatteller mit Streifen von der kross gebratenen Putenbrust
Fleischgerichte:
Eifelschnitzel oder "Die Liste des Würgers von Blackmoore Castle"
Schnitzel Wiener Art "Klassisch" mit Zitrone
Die Favoriten der Kriminalwelt:
Saumord: Der seltsame Tod der Eifler Zuchtsau Elsa
Schweinemedaillons am Spieß,mit Gemüse und Bratkartoffeln
"Eine Leiche zum Dessert":
Apfelbeignet mit Zimtzucker und Stracciatella-Eis
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"SO STILL, DASS ICH NICHT SCHLAFEN KONNTE"
- Interview mit Eifelkrimi-Autor Jacques Berndorf
Jacques Berndorf ist mit seinen Eifel-Krimis um Hobby-Detektiv Siggi Baumeister Deutschlands erfolgreichster Krimi-Autor. Als Michael Preute in Duisburg geboren, wuchs er in Osnabrück auf, studierte in Köln und arbeitete als Journalist in München. Doch seit vielen Jahren schon lebt er in der Vulkaneifel. Anfangs in Berndorf (das Pate stand für seinen Künstlernamen), jetzt in Dreis-Brück. Um die nicht immer ganz unkomplizierte Beziehung zu seiner Wahlheimat geht es in meinem Interview (aufgenommen am 26.03.2011 im "Café Sherlock" in Hillesheim):
Sie sind ja sozusagen ein Mann mit drei Identitäten: Da ist zum einen Michael Preute, der Journalist, Ihr bürgerlicher Name; dann ist da Jacques Berndorf, Ihr Pseudoym als Krimiautor; und dann gibt's ja da noch einen gewissen Siggi Baumeister, so eine Art Alter Ego von Ihnen. Wer sind Sie denn im Moment gerade? Wie soll ich Sie ansprechen?
"Berndorf ist am einfachsten. Die meisten Leute kennen mich einfach als Berndorf."
Der Name ist ja entstanden durch Ihren ersten Wohnort in der Eifel, wenn ich da richtig informiert bin.
"Ja, das ist von hier ja nur 2.000 Meter weg. Das ist ein kleines Nest, 480 Einwohner. Ich kam damals aus München und es war, kulturell betrachtet, ein ganz furchtbarer Schock. Wenn man aus Schwabing kommt und wacht hier morgens in einem kleinen alten Bauernhaus auf – ja, furchtbar!"
Das glaub' ich Ihnen jetzt nicht ...
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"DIE EIFEL-CONNECTION"
- Buchbesprechung von Berndorfs neuestem Eifel-Krimi
Ist es der Zwanzigste oder gar schon der Zweiundzwanzigste? – Jacques Berndorf weiß selbst nicht ganz genau, wie viele Eifel-Krimis er geschrieben hat. Nach Auszählung seines Verlages ist sein neuestes Werk (Stand: Juni 2011), "Die Eifel-Connection", Nummer 21 in der erfolgreichen Reihe um Detektiv Siggi Baumeister, der vom Eifelort Dreis-Brück aus Verbrecher jagt. 4,5 Millionen Bücher der Reihe wurden bereits verkauft, und auch das neueste Exemplar verspricht ein Bestseller zu werden.
Das Taschenbuch erscheint im KBV-Verlag, Hillesheim, zum Preis von € 9,95 (als Hörbuch € 17,95).
Meine Buchbesprechung (Radio SWR2, 25.06.2011):
"Die Eifel-Connection" ist eines jener Bücher, die scheinbar an den Fingern kleben – man kann sie einfach nicht weglegen. Typisch Jacques Berndorf. Der Mann versteht es eben Spannung aufzubauen – und das schon mit den allerersten Worten:
[Textpassage, gelesen von J. Berndorf:]
"Die Sache mit Christian Schaad aus Mainz begann an einem Donnerstag im März, präzise am 3. März, ungefähr um 11 Uhr. Und sie konnte nur beginnen, weil er tot war, sehr tot."
Gerade mal vier Zeilen bis zur ersten Leiche: Ein junger Geologe stürzt in einen Steinbruch – allem Anschein nach ein Unfall. Aber Siggi Baumeister, Journalist mit detektivischem Spürsinn, wird misstrauisch. Zu Recht, wie sich bald herausstellt, denn besagter Christian Schaad hatte sich Feinde gemacht als engagierter Kämpfer gegen den Lava-Raubbau in der Eifel:
[Textpassage, gelesen von J. Berndorf:]
"Die Wunde, die in die Landschaft geschlagen worden war, war eindeutig massiv … Wer immer es technisch erledigte, er hatte den Berg längst gestohlen, und die Reste waren eine ärmliche Kulisse, ein riesiges Loch. Vulkaneifel nannten wir unsere Heimat. Was, wenn es keine Vulkankegel mehr gab?"
Jacques Berndorf greift ein Thema auf, das lange keines war in der Eifel, das aber mehr und mehr zum Thema wird. Als ich ihn im Café Sherlock in Hillesheim treffe (übrigens auch ein Schauplatz seines neuen Krimis), da nennt er ein Beispiel vor seiner eigenen Haustür.
[O-Ton Jacques Berndorf:]
"Hier werden Berge geklaut, und es gibt bei mir in meiner Heimatgemeinde in Brück einen Berg, den Radersberg, den gibt es gar nicht mehr. Und dann haben mir die Leute erzählt, guck' mal, wir sind da oben an der Spitze los und sind dann runtergerodelt bis zur Kirche. Nun gibbet das nicht mehr."
Lava und Basalt sind sehr gefragt – vor allem in der Bauindustrie. Die Eifelgemeinden selbst kriegen für ihren Rohstoff nur einen Appel und ein Ei, aber die Abbaufirmen verdienen sich laut Berndorf eine goldene Nase. In seiner "Eifel-Connection" ruft dieser Umstand kriminelle Geschäftemacher auf den Plan. Und man ahnt bereits, dass der Tote vom Steinbruch einem dieser Typen im Wege stand, die vielleicht weiße Hemden tragen, aber keine weiße Weste haben.
Und bald gibt es weitere Leichen. Ein scheinbar harmloser Bauernhof mit glücklichen Kühen rückt in den Fokus. Auch dieser Handlungsstrang ist der traurigen Eifel-Realität entlehnt:
[O-Ton Jacques Berndorf:]
"Hier wird geschmuggelt und da spielt eine Sache eine Rolle, die ganz wichtig ist. Manchmal sind Schmuggellager hier Teile von Bauernhöfen, Scheunen. Da wird richtig schweres Verbrechen begangen, weil unter anderem in diesen Lagern auch Drogen zu finden sind – und zwar in ziemlich gewaltigem Umfang und für mich schon widerlich, also Koks, Heroin, tatsächlich aber auch Speed, Tranquilizer, und ich muss sagen, bis vor einem Jahr hab ich das nicht gewusst."
Die Idylle trügt also – wie in allen Eifel-Krimis von Jacques Berndorf. Eine vertraute Erkenntnis für seine treuen Leser. Auch mit seinen Figuren erzeugt er ein Gefühl der Vertrautheit. Allen voran natürlich das Pfeife rauchende Alter Ego des Autors, Siggi Baumeister, der sich wagemutig gegen das Verbrechen stellt und dabei regelmäßig eins auf die Mütze bekommt.
"Wer immer das war, er war blitzschnell sehr eng an mir dran, schlug mir etwas scharf auf den Schädel, rannte an mir vorbei und lief die schmale Straße entlang, die ich hatte gehen wollen. Es dröhnte in meinen Ohren, ich hatte das würgende Gefühl, ich müsse mich übergeben, ich ging in die Knie, fühlte meine Beine nicht mehr, fand mich in einer kriechenden Haltung wieder, schmeckte irgendwas wie Erde zwischen meinen Zähnen, stützte mich mit flachen Händen ab und merkte, wie scharfe Steinchen in meine Handflächen schliffen."
Bekannt aus früheren Eifel-Krimis sind ferner Kriminalrat a. D. Rodenstock, seine Frau Emma und Baumeisters Kater Satchmo. Aber auch mit den neuen Figuren macht Berndorf den Leser schnell vertraut, weil er sie gewohnt meisterhaft zu charakterisieren weiß:
[Textpassage, gelesen von J. Berndorf:]
"Es gibt diese Typen, die vom Leben eingeschränkt sind, die einfach im Stadium eines Kindes verharren, die freundlich sind, gern lachen, strahlen können wie die ganz Kleinen, und bei denen du weißt, was sie verstehen und was nicht. Du weißt: Diese Typen sind häufig von einem großen Frieden erfüllt, sagen dir gern, wie ihr Leben läuft, was sie mögen und was nicht."
Der Autor kennt eben seine Eifel und ihre Menschen. Und er weckt Sympathie für beide. Der neue Eifel-Krimi von Jacques Berndorf enthält reichlich Lokalkolorit wie schon seine 20 Vorgänger. Und wer die mit Genuss verschlungen hat, wird auch die Nummer 21 erst aus der Hand legen, wenn alle Morde aufgeklärt sind. "Die Eifel-Connection" ist nach bewährtem Muster gestrickt – und dennoch kein Déjà-vu-Erlebnis, schon wegen der ganz neuen Themen:
[O-Ton Jacques Berndorf:]
"Dieser Umgang mit Mutter Natur hier, der einfach scheußlich ist, und dieses andere Problem des Schmuggels, das kann man natürlich unglaublich gut zusammenpacken, denn alle Leute, die schnell viel Geld verdienen wollen, brauchen beide Geschäftszweige. So was macht mir Spaß, erfordert aber eine Unmasse an Recherchen. Kommt dazu, ich werde dieses Jahr 75 und manchmal denke ich, oh nein, das muss doch nicht auch noch sein, aber auf der anderen Seite muss ich ganz ehrlich sagen, es macht auch Spaß."
Ein Spaß, der sich auf den Leser überträgt. Und spannend bleibt es auch diesmal bis zur allerletzten Zeile. Am besten selbst überzeugen!
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