Thüringens Südwesten 3
VOLLTREFFER
- Biathlon-Schießen für Jedermann in Oberhof
Kennen Sie das? Sie sitzen gemütlich vor dem Fernseher und schauen einen Biathlon-Wettkampf an. Sie verfolgen gespannt, wie die Athleten auf die scheinbar tellergroße Zielscheibe anlegen und – vorbeischießen! Wieso treffen die nicht, fragt man sich da oft, es sieht doch kinderleicht aus. Aber, denkste! In Oberhof, dem Wintersportzentrum im Thüringer Wald, kann man es selbst mal ausprobieren: beim "Biathlon-Schießen für Jedermann" – und zwar ganzjährig, denn es findet in einer Halle statt. Bei der Probe aufs Exempel wird so mancher Maulheld plötzlich ganz kleinlaut. Und dennoch vermittelt das Gewehr in der Hand zumindest einen Hauch von Biathlon-Faszination, wie man sie vom Weltcup her kennt.
Reportage (Radio SWR4 RP, 22.09.2019):
[Atmo Biathlon-Weltcup 2019 in Oberhof]
So hat es geklungen, Anfang Januar in Oberhof. Treffsichere Athleten und begeisterte Fans. Auch im Sommer wird hier fleißig trainiert – dann mit Rollen unter den Skiern. So wie das junge Nachwuchstalent Finn Heisig. Biathlon ist genau sein Ding. Dafür trainiert er gerne, sagt er, jeden Tag:
"Das ist zwar in manchen Situationen Qual, aber es zahlt sich am Ende aus. Man kommt fix und fertig heim, und man weiß, heute hast du wieder was getan, heute kommst du weiter wieder in deinem Sport, und das macht dich dann einfach glücklich, diese Motivation auch."
Seine Trefferquote liegt bei etwa 80 Prozent. Nur der Stehend-Anschlag bereitet ihm noch Probleme. Beim "Biathlon-Schießen für Jedermann" hingegen wird meist gar nicht im Stehen geschossen, erklärt der sportliche Leiter und langjährige Kampfrichter Gerhard Köhler:
"Jeder Gast macht 15 Schuss – und das liegend, und die Waffe wird auf einen Holzblock aufgelegt, also nicht frei wie die Biathleten, damit Sie auch mal was treffen. Fünf Schuss sind Probe, um sich erst mal daran zu gewöhnen, mal durchzuschauen."
Dann also nix wie 'ran ans Gewehr. Hinlegen, Ziel anvisieren und – da geht’s schon los: Die Scheibe ist 50 Meter entfernt. Sie sieht nicht etwa tellergroß aus wie im Zoom der Fernsehkamera, sondern stecknadelkopfklein.
Trotzdem ist die Trefferquote bei den Probeschüssen nicht übel. Na also, geht doch. Oder?
[O-Ton Gerhard Köhler:]
"Dann machen wir zehn Schuss Wertung und schießen die letzten fünf Schuss wirklich auf die originale Biathlon-Liegend-Scheibe."
Zum Eingewöhnen durften wir nämlich auf die ungleich größere Stehend-Scheibe schießen. Die originale Liegend-Scheibe ist aus 50 Meter Entfernung gar nicht zu erkennen. Einfach in die Mitte zielen, empfiehlt uns Gerhard Köhler. Aber wo bitte ist die Mitte eines Stecknadelkopfes?
[Atmo: Schießen]
Fast alle Scheiben bleiben stehen. Nur ein einziger Schütze trifft. Ein einziges Mal. Deshalb kann auch er kaum fassen, wie schwierig es war:
"Wahnsinn. Also, ich hab genau das Gleiche gesehen, genau dasselbe anvisiert. Bei den Großen gehen die Scheiben um, bei den Kleinen überhaupt nicht. Doch einer. Ob das jetzt Können war oder Zufall, das lassen wir mal dahingestellt."
Und auch ein anderer Teilnehmer schüttelt nur ernüchtert den Kopf:
[O-Ton Teilnehmer 2:]
"Das ist 'n großer Unterschied, und die Athleten müssen das quasi mit 'nem hohen Pulsschlag auch noch hinkriegen – stehend, liegend, also Wahnsinn!"
Am Ende sind wir uns alle einig: Lästern ist künftig tabu, denn jetzt wissen wir: Biathlon-Schießen ist eben doch nichts für jedermann, sondern nur was für echte Könner.
[Atmo: Biathlon-Weltcup 2019 in Oberhof]
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Hinweis:
*) Foto mit freundlicher Genehmigung von TWZ Oberhof
**) Foto mit freundlicher Genehmigung von WSRO-Skisport GmbH
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