Mexiko 4
DIE WUNDERSAMEN STERNDEUTER
- Besuch der Maya-Kultstätte Chichén Itzá
Die meisten Überreste der indianischen Hochkulturen findet man im Süden Mexikos, auf der Halbinsel Yucatán. Sie stammen vom Volk der Maya, die heute noch, teils unvermischt, in der Region leben. Ihre Vorfahren waren nicht nur große Baumeister, sie waren auch große Astronomen und Mathematiker. Deren Kalendersystem, das vermeintlich einen Weltuntergang im Dezember 2012 prophezeite, ist noch immer nicht vollständig entschlüsselt. Zu welchen wissenschaftlichen und kulturellen Leistungen die Maya fähig waren, erfährt man am besten in der Ruinenstadt Chichén Itzá. Sie ist die größte Anlage ihrer Art in ganz Mexiko. Und obwohl die Kultur der Maya besser erforscht ist als beispielsweise die der Teotihuacanos, tauchen auch Besucher von Chichén Itzá in eine Welt voller Wunder und Geheimnisse ein.
Reportage (Radio hr4, 22.11.2014):
[Maya-Musik]
Chichén Itzá liegt mitten im Urwald Yucatáns. Im Zentrum der Kultstätte erhebt sich eine große Pyramide, "El Castillo", die Burg, genannt. An ihren vier Seiten führen insgesamt 365 Stufen hinauf, so viele wie das Jahr Tage hat. Die Ecken der Pyramide sind abgerundet. Durch diesen architektonischen Trick können Besucher zu Frühlingsanfang, je nach Sonnenstand, ein ganz besonderes Phänomen beobachten:
[O-Ton Heike Arzapalo:]
"Diese Ecken machen ein Schattenspiel, und dieses Schattenspiel spiegelt sich dann an den zwei Leisten, die an den Treppengeländern sind und bilden dann Dreiecke, die einer Schlange ähneln. Und am 21. März sieht es im Verlaufe des Tages so aus, als ob diese Schlange langsam die Treppe runterlaufen würde."
Mit diesem Schauspiel wollten die Priester der Maya das gemeine Volk beeindrucken, ihre eigene Bedeutung und die ihrer Götter ins rechte Licht rücken. Das ganze Leben war auf die Religion ausgerichtet. Auch die Astronomie war Teil davon. Der Morgenstern, die Venus, galt als eine der wichtigsten Gottheiten. In der Sternwarte von Chichén Itzá beobachteten die Priester den Nachthimmel.
]O-Ton Heike Arzapalo:]
"Welche Instrumente sie dafür benutzt haben, kennen wir sehr wenig. Und zwar haben sie alles aus vergänglichen Materialien gemacht: Knochenstücke, Holzstücke, Wasserbehälter. Wir finden Steine, die hohl sind, in Sternwarten. Daher weiß man, sie haben das als Spiegel benutzt und als ein Vergrößerungsglas."
Mit Hilfe der Sterne errechneten die Maya auch die Zeitzyklen ihres Kalenders. Sie kannten bereits Zahlen, die sie in bildhaften Zeichen hinterlassen haben. Ihr System unterscheidet sich aber grundlegend von unserem Dezimalsystem.
[O-Ton Heike Arzapalo:]
"Ein Punkt gilt 1, ein Barren gilt 5. Aber an der zweiten Stelle gilt das Pünktchen 20, an der dritten Stelle gilt es 20 hoch 2, an der vierten hoch 3 und so weiter und so fort."
Neben der Venus verehrten die Maya vor allem die Sonne. Ihr zu Ehren wurden im Stadion von Chichén Itzá rituelle Spiele abgehalten, mit einem Ball aus Kautschuk. In Stein gemeißelte Abbildungen sind an einer Mauer erhalten geblieben. Auf dem Ball ist ein Totenschädel zu sehen.
[O-Ton Heike Arzapalo:]
"Was passiert mit der Sonne jeden Abend, wenn sie unter die Erde geht? Wohin geht sie? In die Unterwelt! Und dann taucht sie wieder auf. Dieser Ball ist in engem Bezug mit der Sonne, weil die Sonne jeden Abend in die Unterwelt geht."
Ballspielplätze kennen wir schon von anderen Kultstätten der indianischen Urbevölkerung. Aber hier ist alles noch größer, noch beeindruckender als anderswo.
[O-Ton Tourist:]
"Ich würde das als Höhepunkt der bisherigen Erlebnisse bewerten, muss aber dazusagen, dass für mich immer interessant war, die Entwicklung zu verfolgen und dass man jetzt aufgrund dieses Höhepunktes einen Überblick bekommt über die Entwicklung der Zivilisation des Maya-Volkes."
[Maya-Musik]
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