Deutsche Märchenstraße 1

ROTKÄPPCHEN UND DER BÖSE WOLF
- zu Gast im Wildpark Knüll

"Aber Großmutter, was hast du denn für ein entsetzlich großes Maul? – Dass ich dich besser fressen kann!"
Und schon verschlang der Wolf das arme Rotkäppchen mit Haut und Haaren. Wir kennen es alle, das Märchen der Brüder Grimm. Entstanden sein könnte es in der Schwalm, einer nordhessischen Region, wo die rote Kappe bis heute fester Bestandteil der Volkstracht ist. Deshalb nennt sich die Schwalm gerne "Rotkäppchen-Land". Zu Zeiten der Grimms gab es dort auch Wölfe in den Wäldern. Heute nur noch im Wildpark Knüll, unweit von Homberg (Efze). Er ist ganzjährig eine der großen Attraktionen an der Deutschen Märchenstraße. Und im Winterhalbjahr, jeweils bei Vollmond, veranstaltet der Wildpark allmonatlich seine "Wolfsnacht". Ein schaurig-schönes Erlebnis, nicht nur für Märchenfreunde.

Reportage (Radio SWR4 RP, 01.04.2018):

[Geräusch: Wolfsgeheul]

So sollte es eigentlich klingen, in der Wolfsnacht, bei Vollmond. Dachten wir. Aber an diesem eiskalten Winterabend bleibt alles still im Wildpark Knüll. Kann passieren, tröstet Diplombiologin Sara Engelbrecht, unser Guide. Dass Wölfe den Mond anheulen, sei eh nur ein Märchen:

[zum Anhören klicken: O-Ton Diplombiologin Sara Engelbrecht]

"Der Vollmond ist dem Wolf total egal. Der sitzt da oben auf dem Berg, weil er da besonders weit zu hören ist, und macht das Maul ganz weit hoch, damit man auch weiter seinen Ruf hören kann. Vielleicht haben ihn die Menschen nur dabei öfter mal beobachtet, und wenn ein Wolf alleine da oben sitzt, dann sitzt er da, weil er andere Wölfe sucht."

Und das muss er hier nicht. Das Rudel im Wildpark besteht aus zwölf Tieren. Als Sara Engelbrecht saftige Rindfleischstücke von einer Brücke hinunter ins Gehege wirft, kommen sie alle angerannt. Mit Heißhunger stürzen sie sich auf die Leckerbissen. Da will man lieber nicht mitten drin sein. Etwas unheimlich ist er uns schon, der Meister Isegrim, besonders den kleinen Besuchern:

[zum Anhören klicken: Kurzinterview mit Kind]

- Und du? Hast du Angst vorm bösen Wolf?
"Na ja, wenn er mich auffressen will, dann schon."
- Du kennst auch das Märchen vom Rotkäppchen?
"Jaaa."

Vollmond ist dem Wolf total egal
Jede Menge Wölfe vorhanden
Manchen ist der Wolf unheimlich

Angst vorm bösen Wolf, geschürt auch durch das Märchen, hält unsere Expertin für unangebracht. Er habe nur ein Image-Problem, sei aber nicht so gefährlich, wie viele glauben.

[O-Ton Sara Engelbrecht:]
"Wir brauchen vor dem Wolf keine Angst haben, also weder hier vor den Wölfen in unserem Gehege noch vor den Wölfen, die draußen unterwegs sind. Sie sind in aller Regel menschenscheu und halten sich vom Menschen fern."

In manchen Teilen Deutschlands sind Wölfe ja längst wieder eingewandert. In Hessen bisher nicht. Aber das sei nur eine Frage der Zeit, meint Sara Engelbrecht. Die Besucher der Wolfsnacht nehmen es gelassen hin:

[Umfrage Teilnehmer Wolfsnacht:]
"In Regionen, in denen wenig Bevölkerung herrscht, viel Wald und viel Freifläche ist, könnte ich es mir gut vorstellen."
"Ja, absolut. Der kam von hier, der will wieder zurück, der soll das gerne machen."
"Das ist kein Problem. Die werden hierher kommen, und irgendwann werden's dann vielleicht zu viele sein, und dann muss man sie bejagen. Das ist doch alles ganz natürlich."

Bis es so weit ist, bleibt der Wildpark Knüll, um Wölfe zu erleben. Aus nächster Nähe sogar und doch – für alle Fälle – aus sicherer Entfernung.

[Geräusch: Wolfsgeheul]

 

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